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Lützerath: Katastrophale Klimakommunikation

Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen: Lützerath ist ein Symbol – und zwar auf jeden Fall ein Symbol für schlechte Klimakommunikation.

„Es gibt viele gute Anlässe, für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, meinetwegen auch gegen die Grünen. Aber Lützerath ist schlicht das falsche Symbol“, rügte Habeck die Demonstrationen gegenüber dem Spiegel. 

Ist Lützerath das falsche Symbol?

Aus psychologischer Sicht gibt es keine falschen Symbole – sondern einfach nur Symbole. Bei einem Symbol herrscht für eine Gruppe von Menschen die Übereinkunft, dass das Symbol für etwas Allgemeineres, Abstraktes und Komplexes steht.
Für die Grünen als Partei hat Lützerath einen großen Stellenwert. Darüber hinaus ist es für einen großen Teil der Grünen Mitgliedschaft sowie Anhängerschaft auch ein Symbol für Klimaschutz. 

Die gemeinsame Interpretation des Symbols ermöglicht es, in der Kommunikation schnell auf die damit verbundenen Paradigmen, Werte, Verhaltensmuster und Emotionen zuzugreifen. 

Was Symbole so mächtig macht, sind die gemeinsame Interpretation und die damit verbundenen Emotionen.

Lützerath ruft sehr starke und aktivierende Emotionen wie Wut und Angst hervor, aber auch Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Diese Emotionen verbinden und intensivieren auch das Erleben vor Ort. Das erklärt die andauernde und bundesweite Unterstützung auf hohem Niveau.

Zugleich führt die emotionale Aufgeladenheit zur Eskalation. Es besteht die reale Gefahr, dass in der Folge das Vertrauen in den Staat noch mehr verloren gehen wird. 

Anders als bei den Klebeaktionen der letzten Generation, sind sich die BürgerInnen uneinig. Nur 39 Prozent befürworteten in einer repräsentativen Umfrage* den Kompromiss, den die NRW-Landesregierung mit dem Unternehmen RWE gefunden hat. 

Die von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien in Bund und Land NRW hatten mit dem Energiekonzern RWE einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg vereinbart. Außerdem sollen fünf bereits weitgehend leerstehende Dörfer am Tagebau Garzweiler in der Nachbarschaft von Lützerath erhalten werden. Dadurch blieben 280 Millionen Tonnen Kohle unter der Erde.

Lützerath ist bereits durch die Weltpresse gegangen

Lützerath hat in Deutschland für Menschen, die im Klimaschutz aktiv sind, eine symbolische Bedeutung. Doch aktuell hat die kleine Ortschaft Lützerath das Potential, ein internationales Symbol zu werden, das der zukünftigen globalen Verhandlungsposition Deutschlands massiv schaden kann.

Aus der Forschung ist bekannt, dass Menschen eher bereit sind, ihr Verhalten zu verändern, wenn sie wissen, dass andere es auch tun. Bei den internationalen Klimagipfeln sind also Vorbilder und Best Practice Beispiele enorm wichtig. 

Viele internationale Zeitungen wie Le Monde, The Times, The Guardian berichteten über Lützerath. Die Bilder, die durch die Welt gingen, zeigen ein Deutschland, das im Jahre 2023 ein Dorf räumt, um Braunkohle zu verfeuern. Durch den europäischen Emissionshandel sind die CO2 Mengen bereits festgelegt. Ob die Braunkohle unter Lützerath wirklich zum Einsatz kommen wird, ist also noch offen. Davon unabhängig, wurde aber bereits jetzt die Glaubwürdigkeit Deutschlands im internationalen Klimaschutz abgetragen.

Bei der nächsten internationalen Klimakonferenz wird Lützerath noch in den Köpfen sein.

Das zukünftige Verhandlungsteam für Deutschland wird einen viel schwierigeren Stand nach Lützerath haben, denn die Glaubwürdigkeit hat Schaden genommen. Lützerath ist vor allem ein Kommunikationsdesaster für die deutsche Klimapolitik.

Ob die Klimaaktivisten sich der Tragweite und den damit verbundenen negativen Folgen für die internationalen Klimaverhandlungen in der Zukunft bewusst sind, bleibt unklar. 

Insgesamt haben die Bilder und Worte der letzten Tage, aber vor allem gezeigt, dass die Bundesregierung noch nicht verstanden hat, dass zu einer erfolgreichen Klimapolitik auch eine gelungene Klimakommunikation gehört.

Quelle: *https://www.waz.de/politik/umfrage-deutschland-luetzerath-uneinig-klima-id237355519.html